16.07.2024
Mut zur Einstellung von Menschen mit Behinderung
Agentur für Arbeit Neuwied, IHK Koblenz, Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung und Heinrich-Haus teilten bei der Veranstaltung „Fachkraft inklusiv“ ihre Erfahrungen und zeigten Arbeitgebern konkrete Beratungs- und Fördermöglichkeiten auf.
Knapp 60 Interessierte verschiedener Unternehmen waren vergangenen Donnerstag ins Berufsbildungswerk Neuwied zur Erstauflage der Veranstaltung „Fachkraft Inklusiv“ gekommen, um sich über die Einstellung von gut ausgebildeten Menschen mit Behinderung zu informieren. Obwohl ein Fachkräftemangel besteht, haben diese es trotz hoher fachlicher Qualifikation nicht immer leicht, auf dem ersten Arbeitsmarkt eingestellt zu werden. Vorurteile und Berührungsängste sind hierfür ebenso Gründe wie ein Mangel an Wissen über Unterstützungsmöglichkeiten und gesetzliche Rahmenbedingungen. Hier setzte die Veranstaltung „Fachkraft Inklusiv“ an, in welcher Expert:innen ihr Wissen und ihre Erfahrungen teilten.
Zunächst begrüßte Heinrich-Haus Geschäftsführer Dirk Rein die Gäste und betonte die Qualität, in welcher die Veranstalter betriebsspezifische inklusive Lösungen unterstützen. Im Anschluss rief die Vorsitzende des Wirtschaftsforums Neuwied, Marion Blettenberg, in ihrem Grußwort Unternehmen dazu auf, Menschen mit Behinderung die gleichen Chancen zu geben wie allen anderen auch. Christoph Gasser, Schwerbehindertenvertreter der Wirtgen GmbH, berichtete von der positiven Zusammenarbeit mit der Werkstatt für Menschen mit Behinderungen des Heinrich-Hauses: „Vor einigen Monaten haben wir gemeinsam fünf Praktikumsplätze für Menschen mit Behinderung geschaffen. Entstanden ist daraus bislang ein Außenarbeitsplatz, was für uns ein Riesenerfolg ist. Wir machen so weiter“.
Im anschließenden Podiumsgespräch, das von Kurt Wölwer aus dem Heinrich-Haus moderiert wurde, brachten Gäste aus Institutionen und Unternehmen verschiedene Perspektiven und Expertisen auf die Bühne. Als Paradebeispiel wurde die Digitalagentur „Koblenzer Hybrider“ angeführt, in welcher 50% der Beschäftigten Menschen mit Behinderung sind. Geschäftsführerin Yvonné Ritz war gemeinsam mit ihrer Assistentin Nadine Kindling vor Ort, um ganz praktisch von der Inklusion in ihrem Unternehmen zu berichten. Kindling, die selbst im Rollstuhl sitzt, ist sich sicher, dass es dazu zunächst nicht viel braucht außer Offenheit, Ehrlichkeit und Kommunikation, um Berührungsängste abzubauen und Barrieren zu überwinden. Yvonné Ritz bestätigte: „Unsere Mitarbeiter:innen sind gut in dem was sie tun, deshalb wollen wir sie und deshalb finden wir gemeinsam Lösungen.“ Die Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen ist für sie eine Frage der Haltung und der Einstellung: „Wenn wir das Thema in unserem Kopf nicht so groß machen, dann ist es auch nicht da“.
Große Spanne an Fördermöglichkeiten
Bestätigen konnten das die vier Expert:innen, die Teil des Podiumsgespräches waren: Mario Dieninghoff von der Agentur für Arbeit Neuwied, Elena Schneider vom Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung, Anatol Findling von der IHK Koblenz und Christiane Kahlert aus dem Heinrich-Haus. Mit der Vorstellung ihrer Angebote belegten sie, dass Unternehmen, die das Thema Inklusion angehen möchten, alle nötige Unterstützung erhalten: „In der Zusammenarbeit der unterschiedlichen Leistungsträger ist die Spanne der Fördermöglichkeiten sehr umfangreich. Eine persönliche Beratung ist im individuellen Fall immer am zielführendsten“, fasst Mario Dieninghoff zusammen.
Neben den Unterstützungsmöglichkeiten wurden aufgezeigt, wie die Einstellung von Menschen mit Behinderungen risikofrei ausprobiert werden kann. Beispiele liefert Christiane Kahlert vom Integrationsmanagement im Heinrich-Haus: „Wir versuchen, durch Praktika, Verzahnte Ausbildung mit Betrieben oder andere Modelle, unsere Auszubildenden und Beschäftigten in den Arbeitsmarkt zu integrieren“. Auch auf Vorurteile von Unternehmen wurde eingegangen. So erläuterte Elena Schneider vom Landesamt für Soziales, Jugend und Versorgung, dass ein schwerbehinderter Mensch nicht unkündbar ist, sondern im Falle der beabsichtigten Kündigung durch das Integrationsamt insbesondere geprüft wird, dass die Kündigung nicht auf Gründen beruht, die mit der Behinderung in Zusammenhang stehen bzw. darin selbst ihre Ursache haben.
Dass die Einstellung von Menschen mit Behinderung eine riesige Chance für Unternehmen ist, darin waren sich alle einig. Schließlich kann diese auch als Lösungsansatz zur Eindämmung des Fachkräftemangels gesehen werden, wie Anatol Findling klarstellet: „Menschen mit Behinderungen haben Kompetenzen und Qualifikationen, die auf dem Arbeitsmarkt gebraucht werden“. Abgerundet wurde „Fachkraft inklusiv“ durch die Gelegenheit, sich bei Snacks und Getränken auszutauschen.